Amnesty International setzt sich für Landaktivist:innen in Südafrika ein – Helfen Sie mit!

Das Leben von Thapelo Mohapi, Generalsekretär der Basisbewegung Abahlali Basemjondolo ist in Gefahr. Er und weitere Aktivist*innen sind gezwungen im Verborgenen, in «Safe Houses» zu leben. 2022 wurden drei Aktivist*innen der eKhenana-Gemeinde in der Provinz KwaZulu-Natal ermordet. Nur in einem Fall kam es zu einer Verurteilung.

Seit Jahren setzt sich die Organisation für das Recht auf Wohnraum in informellen Siedlungen ein und wehrt sich gegen gewaltsame Vertreibungen armer Menschen, um teuren Bauprojekten Platz zu machen. In der eKhenana-Gemeinde haben Mitglieder von Abahlali Gemeinschaftsgärten, ein Lernzentrum und weitere Infrastrukturen aufgebaut, um der Gemeinschaft zu helfen. Darauffolgend kam es immer wieder zu Einschüchterungen, Drohungen, Häuserzerstörungen und der Ermordung von Aktivist*innen.

Amnesty International hat eine Petition gestartet, die die südafrikanische Polizei auffordert, die Drohungen und Ermordung von AbM-Mitgliedern zu untersuchen. Die Petition kann hier unterschrieben werden: https://www.amnesty.org/en/petition/stop-threats-to-thapelo/

Aktiv werden und Briefe schreiben

Weiter hat Amnesty International Thapelo Mohapi in den diesjährigen Briefmarathon aufgenommen. Unterstützungsbriefe können direkt an Thapelo Mohapi oder an den südafrikanischen Polizeidienst gesendet werden gesendet werden mit der Aufforderung, die Morde und die Morddrohungen vollumfänglich aufzuklären: https://www.amnesty.org/en/documents/afr53/6952/2023/en/

Die KEESA steht seit vielen Jahren in Kontakt mit Abahlali und wir freuen uns, wenn auch im KEESA-Umfeld Briefe in Solidarität mit Aktivist:innen von Abahlali geschrieben werden! Gerne können auch die im letzten Jahr verfassten Solidaritätsbotschaften als Vorlage verwendet werden: https://keesa.ch/2022/08/26/solidaritaet-mit-suedafrikanischen-aktivisten/

 

Solidarität mit südafrikanischen Aktivist:innen

KEESA ist zutiefst schockiert über die Ermordung eines weiteren Landaktivisten der eKhenana-Gemeinde in Cato Manor, Durban, KwaZulu-Natal. Lindokuhle Mnguni, 28, war Vorsitzender der eKhenana-Gemeinde und Mitglied der Barackenbewohner-Bewegung Abahlali baseMjondolo, wurde in den frühen Morgenstunden des Samstags, 20. August 2022, in seinem Haus erschossen. Mngunis Partnerin wurde bei dem Angriff ebenfalls schwer verletzt.

Die eKhenena-Gemeinde beklagt nach den Morden an Ayanda Ngila im März und Nokuthula Mabaso im Mai bereits den dritten Tod eines ihrer Gemeindeführer in diesem Jahr. Alle drei ermordeten Aktivist:innen spielten eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Vertreibung in der eKhenana-Gemeinde und vertraten die soziale und gemeinschaftliche Werte, die sie in der eKhenana-Gemeinde lebten. Wie im von Jared Sacks erstellten, akkreditierten Bericht, der der südafrikanischen Menschenrechtskommission am 27. Oktober 2021 vorgelegten wurde, gehen wir von einer organisierten Zermürbungstaktik aus, um die Mitglieder der eKhenana-Kommune durch Verhaftungen, Todesdrohungen und Morde an Aktivist:innen zu vertreiben.

Die KEESA steht seit vielen Jahren in regelmässigem Kontakt mit Abahlali, und die KEESA hat Mitglieder der Bewegung 2015 und 2019 zu einer Reihe von Veranstaltungen in die Schweiz eingeladen. Wir besuchten die eKhenana-Kommune im Juni dieses Jahres und wurden aus erster Hand Zeuge der ständigen Bedrohung durch Todesdrohungen und der jüngsten Morde. Wir schätzen Abahlali und seine Mitglieder, einschließlich der eKhenana-Gemeinde, als eine friedliche Bewegung, die sich für soziale Gerechtigkeit und den Zugang zu menschenwürdigen Wohnungen für alle in Südafrika einsetzt.

Wir sprechen Mngunis Familie, Freunde und den Aktivist:innen von Abhalali unser tiefestes Beleid aus und trauern mit ihnen. Wir fordern die südafrikanische Behörden auf, die Ermordungen der Aktivist:innen aufzuklären und die Sicherheit der Aktivist:innen von Abahlali zu gewährleisten.

«Bischof, wo bist du? Die Polizei bringt uns um»

Bischof Johannes Seoka ist ein Augenzeuge, der nicht nur vor dem Massaker von Marikana zwischen den Streikenden und dem Bergbauunternehmen Lonmin zu vermitteln suchte, sondern auch während des auf das Massaker folgenden 5-monatigen Streiks der Bergarbeiter an Verhandlungen zu dessen Beilegung teilnahm, weil er das Vertrauen der Streikenden genoss. In einer Publikation der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika (KASA) schildert er den Ablauf der Ereignisse bis zum heutigen Tag und erinnert daran, dass heute noch Minenarbeiter inhaftiert sind und viele Hinterbliebene und Überlebende weiterhin auf die zugesagte Entschädigung und eine offizielle Entschuldigung der Verantwortlichen warten.

Er sagte vor der von der Regierung eingesetzten Farlam-Kommission aus und kritisiert deren wenig sensiblen Umgang mit den Familien der ermordeten Bergleute. Dass eine strafrechtliche Verfolgung der am Massaker Beteiligten ausblieb, hält er für unverzeihlich. Um eine Sammelklage zu verhindern, bot die Regierung zwar eine Entschädigung in Höhe von 1 Milliarde Euro an – bis heute haben die Geschädigten jedoch nichts davon erhalten. Gemäss Seoka war die Farlam-Kommission eine Verschwendung von Zeit und Ressourcen, die zur Unterstützung der Opfer hätten eingesetzt werden können. Es könne keinen Frieden geben, keine Heilung stattfinden, solange der Gerechtigkeit nicht Genüge getan werde.

Bischof Seoka, der im Oktober 2014 an der KEESA-Tagung in Basel zu Marikana sprach, war aktiv am Aufbau der internationalen Kampagne Plough Back the Fruits beteiligt, welche die BASF, Hauptabnehmerin des von Lonmin geförderten Platins, zur Rechenschaft zieht. Die KEESA engagierte sich in dieser Kampagne, welche alle Glieder der Wertschöpfungskette für die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bergleute verantwortlich macht.

Publikation

  • Johannes T. Seoka, Marikana – eine offene Wunde. Der Kampf für gerechte Löhne und Entschädigung im 10. Jahr des Massakers von Marikana (Heidelberg) 2022: Link
  • Download des Buchs als Pdf: Link

10 Jahre nach dem Massaker von Marikana

Am 16. August wird weltweit der 34 ermordeten südafrikanischen Bergleute gedacht, die vor 10 Jahren vor den Toren des damaligen Lonmin-Bergwerks Marikana von der südafrikanischen Polizei erschossen wurden, um deren Streik für existenzsichernde Löhne und menschenwürdige Lebensbedingungen zu beenden.  Am 10. Jahrestag des Massakers sind immer noch Minenarbeiter inhaftiert und viele Hinterbliebene und Überlebende warten weiterhin auf die zugesagte Entschädigung und auf eine offizielle Entschuldigung der Verantwortlichen. In Südafrika finden in Johannesburg, Kapstadt und an anderen Orten Veranstaltungen zum Gedenken an das Massaker statt.

„Die Situation der Menschen in Marikana hat sich in den vergangenen zehn Jahren so gut wie nicht geändert“, berichtet Thumeka Magwangqana von der Frauengruppe Sinethemba aus Marikana. „Wie alle Bergbau-Gemeinden leiden die umliegenden Gemeinschaften der Platin-Mine überproportional unter Tuberkulose und Silikose als Folgen des Platinabbaus. Ihre Versorgung mit adäquaten Häusern, Elektrizität, Wasser- und Abwassersystemen bleibt besorgniserregend. Selbst die Gehälter derer, die in der Mine arbeiten, bleiben, wenn man die Inflation berücksichtigt, auf dem Niveau von 2012.“

Der anglikanische Bischof, Dr. Johannes Seoka, der sich jahrzehntelang für die Rechte der Arbeiter in der Bergbauindustrie eingesetzt hatte, war am 16. August 2012 nach Marikana gefahren, um die sich anbahnende Katastrophe zu verhindern und zwischen den streikenden Bergleuten und dem Lonmin-Management zu vermitteln – vergeblich. „Es bestand kein Zweifel daran, dass sowohl Lonmin als auch die Polizei eine harte Linie gegenüber den Streikenden verfolgten, die sie als ´Kriminelle und Mörder´ bezeichneten“, erinnert sich Seoka in seinem anlässlich des 10. Jahrestags des Massakers veröffentlichten Buch „Marikana – eine offene Wunde“. Seoka verlangt, dass alle damals Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden: „Es ist ein Skandal, dass zehn Jahre nach dem Massaker immer noch nichts passiert ist.“

Das Geschäft mit Platin läuft weiter und boomt. Nutzniesser ist jetzt der Bergbaukonzern Sibanye Stillwater, an den Lonmin 2019 für 226 Millionen US-Dollar verkauft wurde. Das Unternehmen hat die schlechteste Gesundheits- und Sicherheitsbilanz im südafrikanischen Bergbausektor. Trotz gegenteiliger Lippenbekenntnisse hat sich Sibanye Stillwater dem tragischen Erbe des Massakers nicht gestellt.

Die KEESA hat sich im Rahmen der internationalen Kampagne Plough Back the Fruits dafür eingesetzt, dass die Hinterbliebenen der ermordeten Bergarbeiter Gerechtigkeit erfahren. Als weltweit bedeutendster Rohstoffhandelsplatz profitieren schweizerische Konzerne von ausbeuterischen Verhältnissen in Minen wie Marikana. Ihre Position im Rohstoffhandel verdankt die Schweiz nicht zuletzt der Zusammenarbeit von Banken (Goldpool) und Rohstoffhändlern wie Marc Rich (Ursprung von Glencore und Trafigura) mit dem Apartheid-Regime. Zudem saß ein Vertreter von Xstrata, einem Unternehmen mit Sitz in Zug, im Verwaltungsrat von Lonmin und war mitverantwortlich dafür, dass das Unternehmen das Gespräch mit den Minenarbeitern verweigerte.

Pressemitteilung

Publikationen

Ausstellungen

Ein weiterer Mord an einer südafrikanischer Landaktivistin

Es ist noch keine zwei Monate her, da berichteten wir vom tragischen Mord an Ayanda Ngila, südafrikanischer Landaktivist bei der Basisorganisation Abahlali BaseMjondolo. Am 5. Mai wurde mit der vierzigjährigen Nokuthula Mabaso eine weitere Aktivistin in der selben Gemeinde in Cato Manor in KwaZulu-Natal ermordet . Mabaso, sie hinterlässt ihren Mann und vier Kinder, spielte eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die illegalen Vertreibungen in der eKhenana-Gemeinde. Sie war eine der Hauptbeklagten in dem laufenden Räumungsverfahren. Zudem war sie eine von mehreren Personen, die den Mord an Ayanda Ngila miterlebt haben, und ein aktives Mitglied beim Aufbau der Gemeinde, insbesondere nach den Überschwemmungen.

Obwohl die Gewalt und Drohungen gegen Abahlali BaseMjondolo bekannt sind, unternimmt die südafrikanische Polizei nichts zum Schutz bedrohter Aktivist*innen. Zudem hat Abahlali einen Bericht an die südafrikanische Menschenrechtskommission eingereicht. Auch von dieser Seite fehlen vorerst jegliche Rückmeldungen, wie der Daily Maverick berichtete.

Die KEESA ist seit Jahren in regelmässigem Kontakt mit Abahlali BaseMjondolo. Wie bereits nach dem Mord an Ngila, haben wir gemeinsam mit dem SOLIFONDS erneut einen offenen rief an den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa, den Minister für Justiz, Ronald Lamula, die Ministerin für internationale Zusammenarbiet Naledi Ponder und den Premierminister von KwaZulu-Natal, Sihle Zikala, verfasst. Wir verurteilen die Morde und fordern die Behörden auf, die Morde vollumfänglich aufzuklären und der tödlichen Gewalt in der eKhenana-Gemeinde Einhalt zu gebieten.

Gerechtigkeit für Ayanda Ngila

Mitten am Nachmittag des 8. März wurde der 29-jährige Landaktivist Ayanda Ngila erschossen. Zum Zeitpunkt der Ermordung arbeitete Ngila gemeinsam mit Nachbarn im Gemeinschaftsgarten der Kommune in eKhenana in KwaZulu-Natal, Südafrika. Ngila gehörte der Basisorganisation Abahlali BaseMjondolo an, die sich für Landrechte von informellen Siedler*innen einsetzt. Seit Jahren gibt es in eKhenana gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen mittellosen Landbesetzer*innen und lokalen Unternehmen, die das Land kommerziell nutzen möchten. Südafrikanische Medien sprechen von einer geplantem Mord.

Die KEESA ist seit Jahren in regelmässigem Kontakt mit Abahlali BaseMjondolo und hat in den Jahren 2015 und 2019 Aktivist*innen zu Konferenzen in die Schweiz eingeladen.

Nun haben wir in Solidarität mit Abhlali einen offenen Brief an den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa, den Minister für Justiz, Ronald Lamula, die Ministerin für internationale Zusammenarbiet Naledi Ponder und den Premierminister von KwaZulu-Natal, Sihle Zikala, verfasst. Wir verurteilen den Mord von Ayanda Ngila und fordern die Behörden auf, den Mord vollumfänglich aufzuklären und der tödlichen Gewalt in der eKhenana-Gemeinde Einhalt zu gebieten.

Der Daily Maverick hat ein eindrückliches Editorial zu Ngilas Tod geschrieben. Hier lesen.

Zum Tod von Frederick Willem de Klerk, dem letzten Präsidenten des Apartheid-Regimes

FW de Klerk starb am 11. November 2021 in seinem Haus in Pretoria an Krebs, nicht ohne vorher eine posthum auszustrahlende Videobotschaft aufzunehmen, in der er sich für «den Schmerz, die Verletzung, die Demütigung und den Schaden, den die Apartheid den farbigen Menschen in Südafrika zufügte», entschuldigte. Viele Menschen in Südafrika bezweifeln seine Aufrichtigkeit, wie Barbara Müller, Vorstandsmitglied der KEESA, in ihrem Beitrag zeigt. De Klerk weigerte sich zeitlebens, zur Aufdeckung der während der Apartheid begangenen Verbrechen beizutragen, an denen er in verantwortlichen Positionen beteiligt war. In diesem Zusammenhang ruft die Autorin auch die Rolle der Schweiz als Profiteurin der Apartheid in Erinnerung. „Zum Tod von Frederick Willem de Klerk, dem letzten Präsidenten des Apartheid-Regimes“ weiterlesen