Green Colonialism – Lithium Mining in Zimbabwe
KEESA-Tagung vom 20. September 2025 in der Alten Universität, Basel
Zusammenfassung
Bereits heute treffen die negativen Auswirkungen des Klimawandels die Länder des Globalen Südens am stärksten. So sind Länder mit den geringsten Schadstoff-Emissionen überproportional mit Überschwemmungen, Zyklonen, extremer Dürre sowie den damit verbundenen Kosten konfrontiert. Ähnliche negative Folgen bestehen bei den Massnahmen, welche der reiche Norden zur Eindämmung der globalen Erwärmung verfolgt. Auch diese müssen meist von ressourcenreichen Ländern des Südens getragen werden. Damit entstehen neue Formen des grünen Kolonialismus.
Ein Beispiel dafür ist die Umstellung auf Elektroautos. Ihre Batterien erfordern eine grosse Menge an Rohstoffen wie Kobalt, Lithium, Graphit und Mangan. Der Abbau dieser Mineralien geht mit ökologischen und sozialen Auswirkungen einher. In Simbabwe, wo in den letzten Jahren der Lithiumbergbau rapide expandierte, hat dies verheerende Folgen. Welche das genau sind und wie diese angegangen werden sollten, dem gingen Referent*innen und Teilnehmer*innen der KEESA-Tagung im vergangenen September nach.
Zu Beginn der Tagung wurde der Rahmen abgesteckt: Anna-Sophie Hobi (KEESA) zeigte auf, dass die Energiewende von einem technologie- und profitorientierten Ansatz geprägt ist. Die wachsende Nachfrage nach Lithium, Kobalt oder Seltenen Erden führe zu einer Externalisierung sozialer und ökologischer Kosten und zementiere bestehende politische und wirtschaftliche Abhängigkeiten. Die Auswirkungen dieses Modells treffen vor allem ärmere und ressourcenreiche Länder, in unserem Falle des afrikanischen Kontinents.
Anhand von sinnbildlichen Shona-Sprichwörtern gab Zacharia Grand (CNRG) einen tiefen Einblick in die Situation in Simbabwe. Dort führe der rasante Ausbau des Lithiumabbaus seit 2017 zu tiefgreifenden Veränderungen, massiven Land-enteignungen, sozialen Spannungen, Umweltzerstörung und dem Verlust traditioneller Lebensweisen. Zahlreiche Probleme, wie etwa prekäre Arbeitsbedingungen, kulturelle Entwurzelung oder fehlende Mitsprache, liessen sich nicht einfach quantifizieren. Grand zeigte zudem auf, dass lokale Eliten und schwache Rechtsdurchsetzung die Ausbeutung durch internationale, insbesondere chinesische Unternehmen erleichtern. Die Shona-Sprichwörter machten sichtbar, wie Gemeinschaften die Missstände interpretieren und Widerstand formulieren.
Ndaizivei Garura (CNRG) stellte anschliessend die Arbeit von CNRG vor. Die zivilgesellschaftliche Organisation hat über die letzten Jahre Menschenrechts-verletzungen dokumentiert und stärkt betroffene Gemeinden darin, ihre Rechte einzufordern und gewaltfreie Strategien zur Durchsetzung ihrer Anliegen entwickeln. Dabei schult CNRG die Gemeinden in FPIC-Prinzipien, die freie, vorherige und informierte Zustimmung (Free, Prior and Informed Consent), ein von der UN festgelegtes Recht indigener Völker, organisiert Gespräche mit Politik und Unternehmen und unterstützt Gemeinden bei rechtlichen Schritten. Trotz eines zunehmend eingeschränkten Handlungsspielraums in Simbabwe konnte die Organisation bereits konkrete Verbesserungen erreichen, darunter Infrastruktur-massnahmen in betroffenen Regionen.
Vanessa Fischer (PowerShift) plädierte für eine gerechte Rohstoffwende, die auf zwei zentralen Pfeilern beruht: erhebliche Reduktion des Rohstoffverbrauchs im Globalen Norden und die konsequente Einhaltung höchster sozialer und ökologischer Standards im Abbau und den Lieferketten. Ohne die Verringerung des gigantischen Material- und Energieverbrauchs seien weder Klimaschutz noch globale Gerechtigkeit erreichbar.
In der Podiumsdiskussion, eingeleitet durch Karin Mader, wurde deutlich, dass bürokratische Businessstandards nicht genügen. Systemische Veränderungen und alternative Wirtschaftsmodelle seien nötig, wie beispielsweise die Doughnut-Ökonomie. Mehrere Diskussionsteilnehmende betonten die Bedeutung globaler Solidarität, starker Zivilgesellschaften sowie verbindlicher Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten. Gleichzeitig verschärfe die geopolitische Konkurrenz, insbesondere die starke Präsenz chinesischer Unternehmen, bestehende Herausforderungen.
Die Tagung machte klar: Lithiumabbau ist mehr als ein Nebeneffekt einer Energiewende. Die Konsequenzen zeigen die systemischen Ungleichheiten und globalen Verschiebungen auf, welche nebst verbindlichen internationalen Standards und Einbindung der betroffenen Gemeinden auch ein grundlegendes Hinterfragen unseres Wirtschaftssystems bis hin zu einer radikalen Reduktion des Ressourcenverbrauchs im Norden verlangt. Partner*innen aus Simbabwe zeigten vor, wie Widerstand, Kreativität und gemeinschaftliche Resilienz auch unter schwierigen Bedingungen Wege zu mehr Gerechtigkeit weisen.
Fotos: Iria Mudimu, 2025